Am 31. Oktober erinnern wir uns an die Reformation, an diesem Tage soll Luther seine 95 Thesen über den Ablasshandel an der Kirchentür in Wittenberg ausgehängt haben. Luthers Entdeckung lautete: Nicht Geldzahlungen und keine guten Werke verschaffen den Menschen Einlass in den Himmel, sondern allein die Gnade Gottes, wie er sie uns am Kreuz und an Ostern verkündet hat.

Luther und andere Reformatoren wie Zwingli, Melanchthon, Calvin, Müntzer, Hubmaier, und Simons haben die Christen ihrer Zeit zur Umkehr gerufen, daraus sind neue Kirchen entstanden. Die Reformatoren waren keine Heiligen, sondern sehr leidenschaftliche Menschen mit ihren ganz eigenen Prägungen. 

So war es schon zur Zeit der Apostel, als Paulus und Apollos nacheinander in Korinth Gemeinde bauten. Sie waren Gottes Mitwirker am Bauwerk, Paulus legte das Fundament, andere bauen bis heute darauf weiter.

Traurig müssen wir erkennen, dass die Einheit der Kirche in Europa der Vielfalt gewichen ist. Auch wenn die römisch-katholische Kirche einen enormen Reformprozess seit dem Mittelalter durchlaufen hat, trennt uns doch noch immer vieles von ihr: päpstliche Hierarchie und Amtsverständnis, Zölibat.

Aber auch die evangelischen Kirchen sind reformbedürftig, darum ringen Pastoren, Laien und wissenschaftliche Theologen, was Kirche heute ist und wie sie heute sein sollte.

Leben auf der Grundlage

Der Wochenspruch ist und bleibt der Dreh- und Angelpunkt:

Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.

1.Kor 3,11

Die Reformatoren haben sich einst gemüht, diese Grundlage von Kirche und Glauben freizulegen und für ihre Zeit zu formulieren. Luther formulierte vier Sola („allein“). 

  • (sola gratia – allein die Gnade): Alles beginnt mit der Voraussetzung der Gnade – Gottes Gnade ist voraussetzungslos, seine Treue zur Welt und zu uns unbegreiflich. Gnade kann man sich nicht verdienen! Gnade ist immer ein Geschenk. Diese Gnade allein öffnet uns den Weg zu Gott!
    Gott bleibt seiner Schöpfung treu und steht zu ihr. Mit den Erzvätern, dem Volk Israel, den Propheten & Aposteln & Reformatoren macht er einen Neuanfang und auch mit uns. Die Gnade eröffnet den Weg zu Gott.
  • (sola fide – allein der Glaube): Dieser Weg ist der Glaube – ich vertraue nicht auf meine Kraft, sondern auf Gottes Geschenk, (Glaube sagt:) Gott schenkt uns Wollen und Vollbringen. Gott lässt sich hören, er rührt mich an und das erweckt meinen Glauben.
    Der Glaube ist ein Geschenk Gottes an mich, ich habe mich nicht mit meinem freien Willen entschieden, sondern in mir schließt sich plötzlich etwas auf, das ich wahrnehme und das ich nicht verleugnen kann. Alles beginnt mit der Gnade, die bei uns Glauben wirkt. Der Glaube meint das Vertrauen in die Gnade.
  • (sola scriptura – allein die Schrift): In der Heiligen Schrift habe ich das Mittel, hier hat sich Gott offenbart, da finde ich sein Vaterherz und seine Liebe. Gottes Wort an uns ist hier niedergelegt, hier lässt er sich finden.
  • (solus Christus – allein Christus): Gnade als Voraussetzung, Glaube als Weg und Heilige Schrift als Mittel werden umschlossen und allein getragen von Jesus Christus. An ihm erschließt sich Wahrheit, von ihm her müssen wir die Schrift lesen. Christus ist die Mitte der Schrift. Christus allein ist Weg, Wahrheit und Leben! Nicht wir müssen uns zu Gott aufschwingen, Gott kommt in Christus zu uns, ja er wird einer von uns. 

Jesus Christus ist die Grundlage für die Kirche. Es geht nicht um ein Gebäude, in das man gehen kann. Kirche entsteht in evangelischer Sicht als Schöpfung des Wortes (creatura verbi). Menschen hören das Evangelium von Jesus, kehren um und orientieren sich neu: Kirche besteht aus Menschen, die Gott ihren Vater nennen. Luther bezeichnet Kirche als Volk Gottes, Gottes heiliges Volk!.

Als Geschöpfe wissen sich die Glaubenden vom Schöpfer gewollt. Als Glaubende folgen sie Jesus als Vorbild und Erlöser nach. Sie vertrauen der Leitung durch den Heiligen Geist: Ermutiger & Ermahner. Die Kirche entstand aus der Predigt des Evangeliums von Jesus und sie verkündet das Evangelium weiter in Wort und Tat. 

Jesus Christus ist die Grundlage des Lebens der Glaubenden. Wenn etwas Umwerfendes in unser Leben eintritt – eine Krankheit oder ein Unfall oder eine Naturkatastrophe, aber auch etwas Schönes wie die Liebe oder die Geburt eines Kindes – brauchen wir eine tragfähige Grundlage, die uns einen festen Stand mitten in allen Stürmen gibt. 

Unser Lebenshaus soll nicht auf Sand gebaut sein, sondern auf einer soliden Grundlage. Von dieser Grundlage empfangen wir Halt und Hoffnung, sie schenkt uns Geborgenheit. Wir dürfen auf Zukunft hin leben, denn unser Leben ist bei Gott aufgehoben. Von ihm kann uns nichts trennen.

Ausblick

Wenn unser Leib stirbt, dann sind wir nicht am Ende. Dann sind wir am Anfang und Ziel unseres Lebens.

Bei der Grundlage geht es nicht um etwas Starres, sondern um etwas Lebendiges. Deshalb wechselt Paulus in 1. Kor 3 auch immer vom Bild einer Baustelle zum Bild eines Gartens. Erst spricht er von einem Garten, wo er gepflanzt hat und andere das Gepflanzte begießen. Aber Gott gibt allein das Gedeihen (3,6), weder der Pflanzer noch der Gießer schaffen das. Letztlich sind die Mitarbeiter Gottes Zuschauer. 

Wenn Paulus von sich als Baumeister spricht, der den Grund der Gemeinde gelegt hat, dann müssen wir diese Dynamik des Wachsens im Blick halten. Später vergleicht er die Gemeinde auch mit einem Leib, der aus vielen Gliedern besteht. Wir alle gehören zu dieser Baustelle aus lebendigen Steinen, zu diesem Garten aus wachsenden Pflanzen, zu diesem Leib Christi aus verschiedenen Teilen mit ganz unterschiedlichen Funktionen.

Die Sicherheit des Fundaments, das Wachstum der Pflanzen und der Zusammenhalt der Teile am Leib garantiert Gott.

Hier die Andacht zum Herunterladen.