Absolutismus und Bürger

Frühe Neuzeit

Aus dem Mittelalter kennen wir die drei Stände aus Adligen, Geistlichen und Bauern. In den Städten entwickelt sich noch die Gruppe der Bürger, die in der Regel weder zu den Adligen noch zu den Bauern gehören. Bürger sind nicht alle Einwohner der Städte, sondern nur solche mit Bürgerrecht: Kaufleute und Handwerksmeister gehören etwa dazu. Außerdem werden akademisch Gebildete wie Pfarrer und Juristen sowie Universitätslehrer dazu gerechnet.

Die Mobilität in Europa bleibt gering. Die Gesellschaft bleibt traditionell gegliedert: Der soziale Rang bestimmt sich nicht aus der wirtschaftlichen Leistung, sondern hängt mit dem Status des Standes zusammen, in den jemand hineingeboren worden ist. Politischen Einfluss haben nur Adlige und Geistliche, die gerade einmal 2-5 %  der Gesamtbevölkerung ausmachen. Daran ändert sich in der frühen Neuzeit kaum etwas. Ansehen und Einfluss der Adelsfamilien sind wichtiger als Sach- und Fachkompetenz.

Im Bild links gibt Christus den drei Ständen drei verschiedene Aufgaben: die Geistlichen (links) sollen beten, die Fürsten (rechts) sollen beschützen, die Bauern (unten) sollen arbeiten. Die Bürgerlichen sind hier noch nicht im Blick!

Während politische Ämter vererbt werden, werden kirchliche Ämter formal durch Wahl (des Domkapitels) vergeben; in der Regel werden nachgeborene Söhne des Hochadels in leitende Positionen (Bischöfe; Äbte) berufen. Für die sachlichen Aufgaben sind gebildete Mitarbeiter verantwortlich, durch Bildung kann man als Berater der Mächtigen seine Rolle spielen und Einfluss erhalten: Juristen im Dienst eines Fürsten verfügen über einen höheren Einfluss als sonst in der Gesellschaft.

 

Absolutistische Machpolitik

Schon im 16. Jh. beginnen die Anfänge des Absolutismus. Machiavelli beschreibt mit seiner Schrift „Vom Fürsten“ (1513) Politik als reine Machtausübung. Jean Bodin entwickelt rund 50 Jahre später seine Vorstellung von der verbindlichen Hoheitsgewalt des Staates, die von den Gesetzen unabhängig und nur den Geboten Gottes unterworfen ist. Die Vorstellung eines unabhängigen Naturrechts, das aus dem Wesen des Menschen selbst abgeleitet wird, entsteht und wird dann in der Aufklärung weiterentwickelt.

Parallel zu dieser neuen theoretischen Begründung von Staat und Herrschaft bauen die Monarchen Europas ihre Macht aus. Seit dem ausgehenden Mittelalter kämpfen die Fürsten mit den Ständen um die letzte Entscheidungsgewalt im Staat. Bei den Ständen handelt es sich um jene lehnsrechtlichen Zwischengewalten, die typisch für das mittelalterliche Herrschaftssystem sind. Der Herrscher baut im Mittelalter seine Macht auf persönliche Gefolgschaft und Treue, zu Beginn der Neuzeit zielen die Monarchen dann auf Untertänigkeit und Gehorsam aller Bürger.

Die Fürsten erheben den Anspruch auf Souveränität (dt. „Hoheitsgewalt“ im Staat), sie zentralisieren das Gerichts- und Steuersystem und bauen entsprechende Verwaltungen auf. Die Fürsten streben nach regelmäßigen Steuereinnahmen und unterhalten „stehende Heere“, um ihre Territorien zu verteidigen und zu vergrößern. Darüber hinaus wollen sie auch die Kirche in ihrem Territorium kontrollieren. Das gilt sowohl für England und Frankreich, aber auch für die deutschen Territorien. Die Konfessionalisierung fördert diese Entwicklung, denn seit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 bestimmt der Landesherr die Konfession seiner Untertanen – er entscheidet über das Weltliche und Religiöse souverän. Der Souverän entscheidet und steht damit über allen Untertanen.

Zu Beginn der frühen Neuzeit sind Kirche und Staat noch eng miteinander verflochten, der theologische Streit ist eine politische Angelegenheit! Bis zum Ende des 30jährigen Krieges (s. u.) spricht man vom „Konfessionellen Zeitalter“, erst danach und vor allem im 18.Jh. geht der Einfluss der Kirche auf die Gesellschaft weiter zurück.

Nach 1648 liegen Wirtschaft und Kultur in Mitteleuropa am Boden, das Vorbild für einen florierenden Staat im Aufschwung: das Frankreich Ludwigs XIV.! Der König regiert dort als absolutistischer Herrscher: ähnlich betreiben auch in Deutschland absolut regierende Fürsten den Wiederaufbau (z.B. Friedrich der Große von Preußen) und an der Machterweiterung ihrer Territorien.

Der absolutistische Staat baut auf einer Bürokratie: Gut ausgebildete Beamte in Justiz, Diplomatie, Finanz- und Heeresverwaltung stellen das Grundgerüst des Staates. Dazu gehört das Militär: „stehendes Heer“ mit Kasernen, einheitlichen Uniformen, Waffen, Gestüte. Leitende Posten werden weiter mit Adligen besetzt: Minister, Oberpräsidenten, viele Richter, Offiziere. Bürgerliche Räte arbeiten ihnen zu.

Hobbes: Leviathan (1651)

Thomas Hobbes entwirft in seinem Werk „Leviathan“ (1651) das Bild des absoluten Herrschers, der über das Land regiert, weil sich die Menschen zusammengeschlossen und unter seine Herrschaft begeben haben. Auf der Titelseite kann man erkennen, dass der Körper des Herrschers aus lauter Einzelmenschen besteht.

Auch nach dem 30jährigen Krieg gehen Kriege geführt. Außenpolitisch geht es um den Kampf der europäischen Mächte um die Weltmacht. Die großen Gegenspieler des 18. Jh. sind Großbritannien und Frankreich, im Hintergrund mischt immer wieder einmal Russland mit.

Im Siebenjährigen Krieg kämpfen Preußen und Großbritannien mit gegen Frankreich, Österreich und Russland in Mitteleuropa, Indien und Nordamerika: Die Engländer verdrängt Frankreich aus Kanada, Louisiana und Indien (vgl. Lederstrumpferzählungen von Cooper). Preußen erhält endgültig Schlesien und wird zur europäischen Großmacht Danach annektieren Österreich, Preußen und Russland Polen, indem sie das Land unter sich aufteilen.

Wirtschaft und Gesellschaft

Bis ins 19.Jh. herrscht in Europa eine Ständegesellschaft, in der drei Stände unterschieden werden Die Führung liegt beim Adel: 1-2 % der Bevölkerung, meist gehört ihm großer Grundbesitz. Die Bürger haben 2 % der Bevölkerung (leben in Städten und haben dort Bürgerrecht). Die städtische Unterschicht hat einen Anteil von 16 % an der Bevölkerung, die Bauern stellen mit 80 % der Bevölkerung die Masse (überwiegend sind sie „unfrei“, d.h. sie leben in einer Grundherrschaft und sind von einem adligen Grundherren abhänigig).

Für seinen Machausbau benötigt der Staat eine starke Wirtschaft. Das größte Wachstumspotential liegt damals im Gewerbe und im Handel: Steuern und Zölle bescheren dem Staat staatliche Einnahmen. Dazu gibt es eine staatliche Wirtschaftspolitik (Merkantilismus), die das einheimische Gewerbe  durch Schutzzölle einerseits schützt und andererseits Wirtschaftsförderung betreibt (Gewerbe für Waffen, Textilien, Luxusartikel wie Porzellan). Die westeuropäischen Mächte setzen zusätzlich auf Kolonien als Rohstofflieferanten (Frankreich, Großbritannien, die Niederlande usw.) und Absatzgebiete für ihre Fertigwaren.

Bildungsbürger Wirtschaftsbürger
Pfarrer, Gymnasiallehrer, Professoren, Apotheker, Ärzte, Juristen

Machteliten bestimmen Meinungen & Politik der Fürsten mit („Räte“)

Einkommen: 27.000-110.000€

Unternehmer für Manufakturen, Bergwerke, Banken, Handelshäuser

Wirtschaftliche Leistungsträger der Gesellschaft

Einkommen: 120.000€ aufwärts

Durch ihren Wohlstand nähern sich die Wirtschaftsbürger an die Stellung des Adels an, das entspricht aber nicht der gesellschaftlichen Anerkennung! Wirtschaftsbürger bewältigen komplexe Aufgaben und streben eine hohe Bildung an: Wirtschaftsbürger werden zu Bildungsbürgern. In großen Unternehmen entstehen zugleich attraktive Stellen für Bildungsbürger. Beide „Gruppen“ sehen sich als Leistungsträger der Gesellschaft – gemeinsam machen sie 5 % der Bevölkerung aus!

Bürgerliche Merkmale

Werte werden Disziplin, Ordnung, Fleiß etc. Aufklärer wie Kant, Lessing, Locke und Rousseau propagieren das Leitbild der „Humanität“, an der alle Menschen gemessen werden – unabhängig von Standesprivilegien. In den bürgerlichen Dichtungen im 18. Jh. werden diese Werte verbreitet. Ganz oft spielen Adlige in den Theaterstücken die Rollen der gewissenlosen Schurken, die meist bürgerliche Frauzen ins Unglück stürzen.

Bürgerliche setzen insgesamt auf Bildung und sorgen dafür überall für die Entstehung von Schulen, die den Besuch von Universitäten ermöglichen.

Folgen der Kriege: Revolution & Reform

Großbritannien  fordert neue Steuern von seinen nordamerikanischen Bürgern, um so die enormen Schulden zu tilgen. Die Kolonisten leisten 1776 Widerstand: „Keine Steuern ohne Repräsentation!“ Es kommt zu einer Revolution, in deren Folge die USA entstehen.

Auch der französische Staat steht am Rande einer Pleite – auch weil er die Amerikaner gegen die Briten unterstützt und die repräsentative Hofhaltung kostspielig ist. Daher ruft der König eine Ständeversammlung ein, um neue Steuern zu erheben. Diese erklärt sich zur Nationalversammlung, erarbeitet 1789 eine Verfassung, enteignet die Kirche zugunsten des Staates („Säkularisierung der Kirchengüter“), setzt den König ab und errichtet eine Republik. Durch Hunger radikalisiert sich die Revolution, Nachbarmächte greifen ein, Kriege, Napoleon…

Nachdem die Armeen Napoleons auch Preußen besetzt haben, kommt es 1807-1810 zu den Preußischen Reformen, die man als „Revolution von oben“ bezeichnet hat.

Bauernbefreiung: freie Wahl von Wohnort und Beruf, keine Dienstpflichten gegenüber Grundherren, aber auch keine Unterstützung mehr in Notlagen. Aus abhängigen Bauern werden staatliche Untertanen. Gewerbefreiheit: freie Wahl des Berufs, nach Meisterausbildung kann man Gewerbe anmelden, wenn man einen Meistertitel vorweisen kann. Die allgemeine Wehrpflicht ermöglicht dem Staat den Rückgriff auf alle Untertanen.

Namentlich die Aufhebung der Grundherrschaft führ gesellschaftlichen Wandel herbei:

Bauern Grundherren
Frei in Wahl von Wohnsitz & Beruf

Leistet keine Dienstpflichten mehr

Müssen Entschädigungszahlungen leisten

Ländliche Unterschichten verarmen

Verlieren Dienste der Bauern

Müssen keine Soziallasten mehr tragen

Erhalten Kapital zur Investition

Grundherren werden landwirtschaftliche Unternehmer

Das Bürgertum in Deutschland nach 1815

Die Bürger ziehen sich in die Familie zurück, sie ist die Gegenwelt zum Geschäft. Die Ehe-Frau leitet den Haushalt, der aus einer Reihe von Mitarbeiterinnen besteht (Dienstpersonal). Zum bürgerlichen Haushalt gehört die Hausmusik (die insbesondere das Klavier ermöglicht). Außerdem hat man eine eigene Bibliotheken, zugleich fördert man den Bau von öffentlichen Bibliotheken.

Wichtig werden die Vereine (seit 1794 möglich), in denen keine politischen Themen erlaubt sind, es geht offiziell um Musik und Kunst (Museum!), aber bald auch um das Turnen. Dazu kommen Natur- und Nationalvereine. Sie sind nur für Männer –Frauen, Schüler und Lehrlinge haben keinen Zutritt.

Domäne der Frauen wird die Kirche: Frauen werden zur „Bewahrerin der Religion“.