Bildung in der Reformationszeit

Humanismus

Nach Beginn der Renaissance in Italien kommt das Neue insbesondere in Gestalt des Humanismus auch nach Norden. Während im Süden der Humanismus eher kirchenkritisch erscheint, suchen viele Gelehrte nördlich der Alpen wie Erasmus von Rotterdam oder Melanchthon das humanistische Menschenbild in das christliche zu integrieren. Theologen übernehmen humanistische Auslegungsmethoden, man lernt Griechisch, um das Neue Testament in der Ursprache zu studieren. Überall gilt die Losung Zurück zu den Quellen. Diese Quellen sind für die Reformatoren die Heiligen Schriften, die sie studieren und für ihre Zeit übersetzen.

Auf ihrer Grundlage streben sie eine Reform der Kirche an, alle Welt stürzt sich auf die Bibel und begründet damit ihre Forderungen, dazu zählen auch die Bauern.Der Bildungsgedanke wird auch von den Reformatoren aufgegriffen, die geradezu eine Bildungsbewegung auslösen.

Buchdruck

Durch die Erfindung des Buchdrucks (um 1450) werden die Ideen der Renaissance in Italien und des Humanismus in ganz Europa verbreitet, ebenso berichtet man von den Entdeckungen und den fremden Kulturen. In der Reformation nimmt die Verbreitung von Schriften geradezu explosionsartig zu, man hat von einer Revolution der Kommunikation und Bildung gesprochen.

Druckerpresse

Das große Interesse an Veränderung und Reformation lässt überall Druckereien entstehen, die die reformatorischen Anliegen populär machen. Buchführer (und später Buchhändler) verbreiten die Schriften in zwei Wochen durch das ganze Land. Herstellung und Verkauf von Büchern werden damals zu einem einträglichen Geschäft. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach einer Grundbildung im Lesen, Schreiben und Rechnen. Es entstehen Schulen. Die Schriften werden kontrolliert, die Bildung nicht überall gleich gefördert. Einige Zeit haben die Protestanten einen Bildungsvorsprung, den die Katholiken erst später aufholen. In den Territorien, in denen sich die Landesherren nicht für die Reformation öffnen, versucht man gegen die reformatorischen Ideen vorzugehen. Zugleich ermöglicht das gedruckte Wort, neue Ideen öffentlich und „heimlich“ zu verbreiten.

Flugschriften verbreiten die Ideen, bekämpfen Positionen der anderen, berichten von Ereignissen, oft sind sie aussagekräftig illustriert. Lesekundige Meinungsführer geben die Neuigkeiten auf Messen und Märkten, im Wirtshaus und auf der Kanzel weiter.

Später nutzen die Herrschenden die neue Öffentlichkeit, um ihren Herrschaftsanspruch zu untermauern, zu begründen und zu propagieren. Aber die neuen Medien haben von Anfang an auch eine kritische Funktion, die Anfänge einer kritischen Berichterstattung beginnt. Erstmals entsteht im 16. Jh. so etwas wie eine literarische Öffentlichkeit.

Religiöse Weltdeutung

Bei aller Zuwendung zur Welt, aller Freude am Diesseits und allem Schaffen für eine lebenswerte Welt bleiben die Menschen der Neuzeit mehrheitlich eingebunden in eine religiöse Weltordnung. Die Reformatoren setzen sich kritisch mit der mittelalterlichen Kirche auseinander, aber sie wollen diese Kirche nur von falschen Lehren reinigen und zu den Ursprüngen zurückführen, gestritten wird über die richtige Reform der Kirche, man kritisiert die Amtsführung der Pfarrer und Bischöfe. Die Menschen der frühen Neuzeit sehen sich als Geschöpfe Gottes, die ihrem Schöpfer verantwortlich sind und einmal für ihre Taten belohnt oder bestraft werden. Sie suchen wie Luther nach einem gnädigen Gott und Sicherheit des Heils.

Barocker Prunk

Während in Deutschland über den religiösen Auseinandersetzungen das Reich in zwei große Konfessionen aufgeteilt wird, wenden sich die nordischen Länder entweder ganz dem neuen Glauben zu oder sie unterdrücken schließlich die Reformansätze wie in Frankreich, Polen, Österreich oder in Südeuropa. Zu Beginn des 17. Jh. findet dann der furchtbare 30jährige Krieg statt, der Mitteleuropa verwüstet und das Lebensgefühl von Generationen prägt. Noch mitten im großen Krieg entsteht die Kulturepoche des Barock (von port. barocco dt. „schiefrund“), hier wird nicht ein Weg nach innen, sondern nach außen gesucht: der Barock strotzt einerseits vor Lebens- und Sinnenfreude, wie wir sie etwa auf den Bildern von Raphael beobachten können: die Personen zeigen eine schier unbegrenzte Lebensfreude, oft sind die Körper entblößt oder in einer kämpferischen Pose; sie ringen ihr Dasein im Kampf ab, das Abenteuer wird interessant! Diese Menschen leben diesseits, sie leben im Kampf, aber scheinen kaum noch auf ein Jenseits ausgerichtet. Das Leben spielt hier und jetzt! In der Architektur scheinen sich alle festen und geraden Formen aufzulösen, runde Formen bestimmen den Blick, die Kuppeln bilden einen neuen Himmel, unter den man sich flüchten kann. Andererseits ist die Zeit auch von einem starken Pessimismus geprägt, das große Sterben des Krieges hinterlässt seine vielfältigen Spuren im Denken und Leben der Menschen.

Andreas Gryphius (1616-64) gibt als Dichter der Erschütterung der Zeit in seinen „Kirchhofsgedanken“ (1657) Ausdruck, wenn er dichtet:

Du siehst, wohin du siehst nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiesen sein,
Auf der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden
zit. nach Gryphius: Gedichte. Stuttgart: Reclam, 1968