Während Lukas mit Jesu Geburt beginnt und Matthäus mit dem Stammbaum seiner Vorfahren, setzt Johannes sein Evangelium mit dem Anfang von allem an.
„Im Anfang war das Wort … Alle Dinge sind durch das Wort gemacht… Im Wort war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht ergriffen. … Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. “
Joh 1,-5, 9-14
Das ist die Weihnachtsgeschichte nach dem Johannesevangelium. Gott kam in die Schöpfung, aber die Schöpfung erkannte ihren Schöpfer nicht. Er bekam keinen Fuß in die Tür. Wie ist das möglich?
Warum Gott abgewiesen wird
Abweisung aus Angst vor Verlust. Wenn Menschen Angst haben, etwas zu verlieren, dann erscheinen sie abweisend. Als Menschen nach der Wende ihre ehemalige Heimat in Polen besuchen wollten, wurden viele abgewiesen, weil die neuen Eigentümer die Ansprüche der alten Eigentümer fürchteten. Einen Besitzanspruch stellten die „Heimatvertriebenen“ meist gar nicht. Aber die Ängste der neuen Bewohner sind nur zu verständlich, man will keinen Ärger, man will die alten Geschichten ruhen lassen.
Auch Jesus kam nicht mit einem Besitzanspruch. Er fordert keine Rechte ein, sondern steht eher Menschen gegen feindliche Kräfte bei: Er heilt Krankheiten, verkündet gute Botschaft von Gott. Er gibt von seinem Besitz ab, teilt bei den Speisungswundern seine Brote mit den Menschen. Aber manche weisen ihn ab!
Abweisung aus dem Gefühl von Schuld und Versagen. Vielleicht spielen auch Schuldgefühle eine Rolle. Die Menschen wissen, dass hier etwas nicht stimmt, dass nichts mehr so ist, wie es im Anfang war. Aber Jesus hält den Menschen die Schuldfrage nicht vor. Weder konfrontiert er die Ehebrecherin damit noch die Zöllnern.
Jesus lädt die Beladenen zu sich ein: Kommt her zu mir, ich will euch erquicken. Hier mag ein Grund für die Ablehnung sein: Wem Schuld vergeben werden soll, wird auf seine Schuld aufmerksam.
Verdrängungsmechanismen funktionieren nicht. Es kommt lange Verdrängtes an die Oberfläche, neues Verklagen setzt ein. Das Gewissen wird wach.
Abweisung aus dem Gefühl großer Schwäche. Manche sind manche abweisend, weil sie Hilfe brauchen, aber sich diese Bedürftigkeit nicht eingestehen. Man muss sich helfen lassen wollen. Wir müssen den Mut finden, unsere Bedürftigkeit und unser Versagen auszusprechen. Wir müssen Gott vertrauen. Vertrauen wächst bei uns durch gute Erfahrungen. In der Pädagogik sprechen wir von einer guten Bindung, die Kinder zur Mutter aufbauen, wenn sie gut versorgt sind und ihre Liebe erfahren.
Viele haben viel Leid erfahren und hadern mit ihrem Schicksal, gute Erfahrungen sind ihnen gar nicht mehr bewusst. Immer mehr Menschen sind ohne Vorstellung von Gott aufgewachsen.
Wie wir Gottes Kinder werden
Unser Abschnitt im Evangelium geht noch weiter. In Vers 12-14 heißt es:
„Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus menschlichem Geblüt noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Joh 1,12-14
Die Jesus aufnehmen, die werden Gottes Kinder. Sie glauben an seinen Namen. Das klingt erst einmal nach einer persönlichen Entscheidung. Das kennen wir. Aber die Glaubenden werden sind aus Gott geboren, Menge übersetzt „gezeugt“. Wer von Gott geboren wird, der ist folglich sein Kind. Wozu brauchen sie dann noch „Macht, Gottes Kinder zu werden“?
Als Geschöpfe sind wir einerseits alle „Gottes Kinder“. Aber nach unserem Evangelium schenkt Gott manchen offenbar mehr, sie sind „aus ihm geboren“. Sie werden auf Gott aufmerksam, haben ein Gespür für sein Dasein als Schöpfer und Erhalter. Sie sind „religiös musikalisch“. Können also mit Religion etwas anfangen. Sie nahmen Jesus auf, sahen seine Herrlichkeit und gaben ihre Erlebnisse weiter.
Dieses Aufnehmen ist ein unbegreifliches Geschenk. Das Johannesevangelium spricht von einer Zeugung durch Gott. Es ist nicht selbstverständlich, Gott zu erkennen. Aber Gott kann es schenken. Wollen wir ihn darum bitten? Können wir das?