Wir leben mit vielen Sorgen – Weltklima, Weltfrieden, Pandemie. Manche haben dazu ihre ganz eigenen Sorgen. Jede und jeder hat sein Päckchen zu tragen. 

Für manche Probleme sollen die besten Köpfe eine Lösung finden. Wir haben einen Corona-Krisenstab, der von einem General geleitet wird. Die Regierung lässt sich durch ausgewiesene Fachleute beraten.

Gott geht einen ganz anderen Weg. Davon erzählt der Prophet Micha und darum geht es in der Weihnachtsgeschichte. 

Problem

750 Jahre vor Jesu Geburt ist das kleine Land Juda zum Spielball der Großmächte geworden. Im Norden übernehmen die Assyrer die Macht und deportieren die Bevölkerung. Im Südreich unterwirft man sich den Assyrern, versucht aber durch einen Pakt mit den Ägyptern Unabhängigkeit zu bekommen. Wie wird das enden? Der Prophet Micha hört zwischen 750 und 700 diese Worte und schreibt sie auf. 

1Du aber, Betlehem Efrata, bist zu klein, um zu den Landstädten Judas zu zählen. Doch aus deiner Mitte soll einer kommen, der Herrscher sein wird in Israel. Seine Wurzeln reichen zurück bis in die Urzeit, seine Herkunft steht von Anfang an fest.2– Darum wird die Not nur so lange anhalten, bis eine Frau das Kind zur Welt gebracht hat. Dann wird der Rest seiner Brüder heimkehren zu den Menschen in Israel. –3Er wird auftreten und sein Volk weiden. Dazu gibt ihm der Herr die Kraft und die Macht. Sie liegt in dem Namen des Herrn, seines Gottes. Dann wird man wieder sicher im Land wohnen können. Denn seine Macht reicht bis zum Rand der Welt. 4Er wird sich für den Frieden stark machen.

Micha 5,1-4

Die Assyrer haben die Vormacht, 701 belagern sie Jerusalem. Gott wird seinem Volk zu Hilfe kommen? Wann wird das geschehen?

Wo fühlen wir uns gerade ohnmächtig? Wo werden wir gerade belagert? Das Weltklima bereitet den jungen Leuten Sorgen, Corona eher den Älteren. Wie sehen unsere persönlichen Sorgen aus? Wie kommt unser Predigttext bei Dir an?

750 Jahre vor der Zeitenwende

Damals spielte die Musik im Zweistromland, wo die Assyrer die Macht hatten und prächtige Städte und Tempel bauten. Im Süden stand den Assyrern die Ägyptische Kultur gegenüber. Dazwischen das kleine Juda.

Aber Gott kündigt damals seinen Neuanfang abseits der Metropolen der Macht an, nicht in Assyrien, nicht in Ägypten. In Bethlehem, dem kleinen Dorf nahe Jerusalem soll es beginnen. Ein Dorf, nicht mal eine der Landstädte. Von einer Frau in Wehen ist die Rede, von einem Herrscher und einer Heimkehr, von einem Hirten, von Frieden.

Gottes Geschichte fängt klein an. Im kleinen Bethlehem mit seinen kleinen Häusern, nicht in Jerusalem mit seinem Tempel und dem Königspalast, mit seinen starken Festungsmauern. Er beginnt nicht bei der Königsfamilie, bei den Fürsten und Priestern. Er beginnt auf dem Dorf, bei den Bauern und Hirten, den Dorfhandwerkern. Bethlehem heißt „Haus des Brotes“, ein Bauerndorf mit Getreidefeldern, mit den typischen Herden.

Gottes Geschichte stützt sich nicht auf strategische Planung von Politikern und Militärs. Sie entsteht nicht in der Sorglosigkeit der Fürstenpaläste. Alles beginnt mit Schmerzen, mit den Wehen einer Frau. Schmerzen, Angst und der Sehnsucht einer werdenden Mutter, ihr Kind in den Armen zu halten. Israel sehnt sich nach einem Retter, nach einem Neuanfang, nach der Heimkehr der Verschleppten.

Gottes Geschichte geschieht durch einen Hirten, keinen König und keinen General. Hirten halten ihre Herde im Blick, führen sie zum Wasser und guter Weide, sie kümmern sich um verletzte Tiere und verteidigen die Herde gegen Gefahren. So ein Hirte war einst David, ein Nachkomme soll es richten.

Damals um die Zeitenwende

750 Jahre nach Micha kommen eine junge Frau und ihr Mann nach Bethlehem, er lässt sich als Nachkomme Davids eintragen. Sie suchen eine Übernachtungsgelegenheit, aber es ist alles belegt. Dann finden sie in einem Stall Zuflucht, dort bekommt die Frau ihr Kind.

Eine Mutter und ihr Mann sind beim Kind, und vielleicht wirklich Ochs und Esel, durch die der Stall Wärme bekommt. Ein Notquartier für Durchreisende. Jesus wird später sagen, dass er weder eine Grube wie die Füchse noch ein Nest wie die Vögel hat. Er bleibt unterwegs, ohne festen Ort. Jesus bleibt unterwegs zu uns Menschen.

Hirten tauchen auf, die von Engelsbotschaften berichten. Weise aus dem Orient kommen, die einen Stern gesehen haben. Ein Greifkommando des fürchterlichen Herodes kommt, aber da ist die junge Familie schon auf der Flucht nach Ägypten.

Die Hirten kehren zurück in ihren Alltag. Jetzt stehen sie an der Krippe. Sie betrachten das Wunder Gottes. Das ist also das Kind, von dem die Engel berichtet haben. 

Die Weisen kehren später nach Hause zurück. Jetzt betrachten sie das kleine Wunder, das hinter der Himmelserscheinung steckt. 

Gottes Geschichte fängt ganz klein an. Im Abseits der Metropolen, in einem Stall finden sie ein Kind, klein und hilflos. So kommt Gott uns Menschen nahe. So erscheint er den Müden und Matten. Die Hirten verlassen ihre Herde, die Weisen wenden sich von den vielen Himmelserscheinungen der einen zu. 

Heute – 2000 Jahre später

Vor 2000 Jahren wurde Jesus in Bethlehem geboren. Heute feiern wir das Christfest. Auch wir sind eingeladen zum Kind in der Krippe zu kommen. Sind wir noch neugierig wie die Hirten, die die Engelsbotschaft empfangen haben? Sie wir noch Suchende wie die Weisen aus dem Orient, die eine Himmelserscheinung gesehen haben? Die Hirten und die Weisen lassen ihre Sorgen hinter sich und machen sich auf nach Bethlehem. Dort finden sie ein neugeborenes Kind. 

Der allmächtige Gott zeigt sich in einem ohnmächtigen Kind in einer Krippe, in einem Stall für Ochsen & Esel. Auf diese Szene läuft die ganze Weltgeschichte zu? Ist das nicht eine Botschaft für dumme Esel und blöde Ochsen? Schon der Apostel Paulus notierte, dass die Botschaft damals entweder eine Torheit war oder ein Skandal war (1. Kor 1,18ff). 

Gott ist im Schwachen verborgen und begreifbar? In einem kleinen Volk am Rande der Welt tritt er auf, in einem kleinen Dorf wird er geboren, in eine Krippe gelegt, in einem stinkenden Stall. Und später hat Jesus mit einfachen, kleinen Leuten zu tun, dem Fischer Petrus oder dem Zolleinnehmer Matthäus. Er besucht einfache Leute, gibt sich mit Ausländern, Aussätzigen, Kranken, Besessenen und Ehebrecherinnen ab. Niemand wollte mit solchen Leuten einst zu tun haben. Aber bei Jesus wird das Programm. 

Gott ist doch eigentlich der Schöpfer – und hier ist er im Geschöpf? Gott ist doch allmächtig und allwissend, hier ist er in einem hilflosen und ahnungslosen Säugling? Gott hat doch eigentlich alle Macht – und er präsentiert sich so  angreifbar, so verwechselbar, so verwundbar.

Für uns?

Aber aus dem kleinen Bethlehem soll der Retter und Herr kommen! Und der kommt, ist selber so klein, so ohnmächtig. So lässt sich Gott finden! Wer einen anderen Retter sucht, wird ihn im Evangelium nicht finden. Wer ihn lieber als Sieger und Mächtigen sehen will, wer selber gerne ein bisschen größer und siegreicher und erfolgreicher wäre, muss sich anders orientieren. 

Wer sich aber tief im Herzen als Habenichts weiß, als schwach, schuldbeladen und hilflos, der ist zur Krippe eingeladen. Wessen Leben freudlos und dunkel erscheint, der kann Jesu Weggefährte sein. 

Wenn wir heute den Mut haben, das zu bekennen, dass wir zu denen gehören, dann kann es bei uns Weihnachten werden. Wir sind dann nicht mehr allein. Dann haben wir ja jetzt die Gesellschaft Gottes. Dann ist Jesus, der Herr der Krippe und des Kreuzes unser Weggefährte.

Von nun an bist du nicht mehr einsam in deinem Leben. Jesus ist gekommen, der so kleine Leute wie dich gesucht und zu seinen Freunden zählt. Dass du wenig Einfluss hast, nicht im Mittelpunkt stehst, keine glänzende Lebensgeschichte lebst – das stört ihn nicht! Im Gegenteil: darum kommt er ja zu dir! Dass dir schon viel kaputtgegangen ist, dass du an Schuld und Versäumnissen schwer zu tragen hast, dass es dir manchmal schwerfällt, frei zu Gott aufzublicken und es mit dem Glauben an die Güte Gottes manchmal nicht weit her war… Er ist jetzt dein Bruder.

So bleiben wir an seiner Krippe stehen. Ist es ein Skandal? Ärgern wir uns an dieser einfachen Botschaft für kleine Leute? Können wir das annehmen und glauben? Rührt er noch unser Herz ab? Wie ist deine Antwort?