Im Feld Delta stellt Friedemann Schulz von Thun das „Mysterium unseres Gewordenseins“ vor: Mit uns entstand etwas Einzigartiges in dieser Wirklichkeit – nicht aus dem Nichts, sondern aus einer Zelle, die auf einen Vater und eine Mutter zurückgeht. Beider Baupläne haben sich in uns vermischt, so dass wir einmalig und einzigartig sind. Nach christlich-jüdischer Tradition ist es der Schöpfer, der sich das ausgedacht und „konstruiert“ hat.
Das macht für mich die spirituelle Dimension von Delta aus. Wir sind ein Geschöpf inmitten einer Schöpfung. Und diese Schöpfung stellt uns nach meiner Überzeugung ein Schöpfer zu Verfügung, wir sollen sie bebauen und bewahren.
Wir können dabei aus dem Vollen schöpfen. Wir können durch unseren Geist auf vielfältige und kreative Weise auf die Herausforderungen der Schöpfung antworten. Wir sind in unserem Verhalten kaum festgelegt durch unsere Instinkte. Wir haben als Geschöpf Mensch eine Berufung vom Schöpfer, jeder einzelne Mensch ist einzigartig und hat seine individuelle Begabung (dazu mehr im Feld Omega!).
Selbstwirksamkeit (Autonomie) und Geschöpflichkeit (Verantwortung gegenüber dem Schöpfer) stehen in einem Ergänzungsverhältnis und schließen sich nicht aus. Als Menschen haben wir einzigartige Begabungen, dazu gehört auch die Sorge um unsere Lebensgrundlagen, die gepaart ist mit dem Können, für diese Lebensgrundlagen zu sorgen.
Es waren vermutlich Klimaveränderungen im Großraum Ägypten, die dort vor über 5.000 Jahren Menschen dazu gebracht haben, durch Zusammenarbeit das Wasser des Nils zu kanalisieren und eine Hochkultur hervorzubringen. Diese Fähigkeit lässt sich auch in Indien wie in China beobachten, wo an anderen Flüssen Hochkulturen entstanden sind. (Für die Entstehung anderer Kulturen sind es wohl menschliche Nachbarn, die eine Kulturentwicklung einleiteten.) Die Erfüllung vom Typ Delta geht von unserem Gewordensein aus, das uns bei Betrachtung zu einer „kleinen Erleuchtung“ (Schulz von Thun 2021: 127ff.) bringen kann.
Als Kind habe ich mit einem Freund über Gott und die Welt nachgedacht. Immer wieder einmal dachten wir über die Schöpfung nach, nach Information seiner Oma gab es einen Schöpfer. Das lernten wir nicht in der Schule. Ich wuchs in einem säkularen Umfeld auf, wir gingen sonntags in keine Kirche. Wir Kinder glaubten damals nicht an eine zufällige Entstehung der Welt, hatten eine vage Vorstellung einem „Urheber“. Im Konfirmandenalter begann für mich selbst ein Suchprozess nach Gott und meinem Verhältnis zu ihm, der schließlich in meiner „Bekehrung“ mündete. Damals kannte ich dieses Wort nicht, es war eine Entscheidung für Gott und meiner Frage, wie er darauf antworten würde.
Seit dieser Zeit gehört also der „Bruder Gottesfürchtig“ zu meinem inneren Team, der um seinen Schöpfer weiß und sich ihm im Gebet öffnet. Damals begann ich morgens die Bibel zu lesen – wie andere Bücher auch von vorne. Manche Kapitel erwiesen sich als seltsam und langweilig, manche waren spannend wie Abenteuerbücher. Da meine Kirchengemeinde Jugendlichen damals wenig bot, war ich eher als Forscher in Sachen Religion unterwegs.
Wo wir beim inneren Team sind, möchte ich im Anschluss an Schulz von Thun noch auf andere wichtige Teammitglieder hinweisen. Von Schwester Jubilate war oben die Rede, vom Bedenkenträger und Realisten auch schon. Ein Mitglied sollte die Würde des Augenblicks im Blick halten, damit dies nicht im Alltag verlorengeht – die Schönheit eines Sonnenuntergangs, das Wunder einer Geburt, das Erleben eines gelungenen und abgeschlossenen Projektes. Daher ist ein Bruder Achtsam im inneren Team wichtig.
Wenn wir Bruder Achtsam das Kommando übergeben, können wir leicht auf der Strecke bleiben, aber wir dürfen unser Leben auch nicht nur dem Bruder Umsetzer und dem Bruder Visionär überlassen. Sie sorgen für Zielstrebigkeit und Erfolg für unsere Daseinssicherung und haben oft das Sagen. Aber manchmal müssen wir ihnen das Kommando entziehen und mit Bruder Achtsam in Tagträumen schwelgen und Bruder Gottesfürchtig die Schönheit der Schöpfung bewundern.
Für die Erfüllung im Feld Delta geht es also um die Fähigkeit zum Staunen und Würdigen. Wir staunen über die Schöpfung und unsere Existenz. Mit Albert Schweitzer haben wir also Ehrfurcht vor dem Leben. Wir sind ein Geschenk des Himmels, keine Laune der Natur. Das ist ein Mysterium, ein Geheimnis.