Der Fluss der Zeit wird regelmäßig durch den Sonntag durchbrochen. Karl Barth hat das in seiner Kirchlichen Dogmatik unter dem Aspekt des Feiertages eindrücklich schön dargelegt (1951: § 53.1).Gott schenke dem Menschen Zeit, was im Gebot der Feiertagsheiligung deutlich werde, denn der Name Sabbat komme von Feier oder Ruhe. Der Mensch werde aufgefordert, in seiner Arbeit einen Tag lang inne zu halten und zu ruhen, zu feiern und sich zu freuen. Für den Menschen sei nach seiner Erschaffung der Feiertag das erste, was ihm geschenkt werde und was er bei seinem Schöpfer beobachte: Gott ruht von seinen Werken, er offenbart sich als arbeitender und ruhender (Gen 2,2) und nimmt den Menschen in seine Ruhe hinein. 

Ausruhen und Arbeiten gehören zusammen, der Zusammenhang soll Vorbild für den Menschen sein. Die Ruhe des Menschen muss also nicht durch Arbeit verdient werden, das Geschöpf wird vielmehr zum Aufatmen eingeladen, zur Freude und zum Feiern. So geht das Evangelium dem Gebot voran, der Feiertag ist ein Zeichen der Freiheit, die Gott seinem Geschöpf schenkt und die der Mensch nun bezeugen soll. Lehnen die Griechen die Handarbeit ab, überlassen sie Sklaven und Frauen, um sich der Muße hinzugeben, so gehören Arbeit und Ruhe nach der biblischen Überlieferung zusammen, die Ruhe vervollständigt quasi die Arbeit.

Geht schon die übrige Schöpfung nicht auf den Menschen zurück, verdankt sich der Mensch nicht einmal seiner selbst, sondern anderen Menschen und zuletzt seinem Schöpfer, so ist ihm auch seine Arbeit von Gott aufgegeben und der Feiertag geschenkt. Ein Siebtel seiner Zeit wird aus dem Zeitlauf herausgenommen, wird ihm für seine Zeit mit Gott zugemutet (Ex 20,8-11). Hier kann er Gott „dienen“ und seinen „Dienst“ erfahren. 

Weil der Mensch nicht allein lebt, wird ihm der Feiertag gemeinsam mit seinen Mitmenschen anvertraut, in Israel werden ausdrücklich alle Mitglieder der Familie – auch die Mitarbeiter und selbst die Sklaven – mit in die geschenkte Arbeitsruhe hineingenommen (Ex 20,10). Die Gemeinde kommt zum Gottesdienst zusammen, bezeugt für sich und die Welt, aus welcher Freiheit sie lebt. Die Menschen leben nicht aus ihrer Arbeit allein, sondern werden zur Freizeit befreit und ermutigt. Als Gottes Ebenbilder ruhen sie am siebten Tag und suchen die Gemeinschaft mit ihrem Schöpfer und ihren Mitmenschen. Künftig erfahren sie im Rhythmus von Arbeit und Freizeit ihre Stabilität als Geschöpfe. Im neuen Bund wechseln die Christen ihren Feiertag auf den ersten Tag der Woche als Erinnerung auf den Auferstehungstag des Herrn.

Das Sabbatgebot hat in Israel durch die Exilszeit eine besondere bekenntnisartige Ausgestaltung erfahren, mit dem Sabbat unterscheiden sich die glaubenden Juden von den Völkern. Peinlich genau wird auf die Arbeitsruhe geachtet, was Jesus immer wieder in Konflikte mit den Auslegungen seiner Zeit bringt. In diesen Auseinandersetzungen weist er darauf hin, dass der Mensch nicht für den Sabbat, sondern der Sabbat für den Menschen gemacht ist. Daher darf man an ihm Gutes und Notwendiges tun. 

Je stärker Zeitdruck und Beschleunigung zunehmen, desto herausfordernder erfahren wir die Gestaltung des Sonntags in unserer Zeit. In unserer säkularen Gesellschaft wird die klassische Sonntagsruhe immer weiter aufgeweicht, Bäcker bieten nun selbstverständlich ihre Brötchen am Sonntag an, immer mehr „verkaufsoffene“ Sonntage machen den Sonntag zum Werktag.

Der wöchentliche freie Tag schenkt uns Ruhe, hilft beim Innehalten. Da können wir aufatmen und nach unserer Berufung fragen.

Karl Barth 1951: Die Lehre von der Schöpfung. (= Kirchliche Dogmatik III,4) Zollikon-Zürich: Evangelischer Verlag