Anfechtung

Das Leben kann schon hart sein. Leicht geraten wir in schwere Situationen. Jeremia wurde einst zum Propheten berufen – und sah sich dem Spott und der Willkür seiner Landsleute ausgesetzt. Menschen wenden sich damals von Gott ab und probieren neue Wege. Sie setzen auf Reichtum, paktieren mit anderen Völkern und liebäugeln mit ihren Religionen.

Jeremia predigt, was Gott ihm übermittelt, er warnt und wirbt für Gott – vergeblich. Er stößt auf Unglauben und Widerstand, muss sich Anfeindungen gefallen lassen und wird schließlich eingekerkert. Wo ist Gott? Warum lässt er das zu? Am Ende siegen die Feinde, das Volk muss ins Exil. Wahrlich eine Grenzsituation.


In diesen Situationen wendet sich Jeremia an Gott und Gott an Jeremia. Sein Gebet ist zeitlos und Glaubende aller Zeiten mit allen Sorgen finden sich darin wieder. „Heile du mich, Herr, so werde ich heil!“ Was bringt Jeremia dazu?

Anfechtung heute

Haben wir in der Pandemie mehr als sonst gebetet? Das wird so sein. Haben Menschen mehr nach Gott gefragt? Das ist schwer zu beantworten. Gottesdienste fanden nicht statt, so war die Nachfrage anhand des Gottesdienstbesuches nicht ablesbar. 

Kirchen und Gemeinden suchten den „Betrieb“ zu retten. Viele Gemeinden haben Andachten angeboten, schriftlich oder mündlich, via Internet oder Telefon. Vieles wurde gerne genommen, auch weil neue Formate entstanden sind.

Aber wurde die Pandemie mit Gott in Verbindung gebracht? Hier herrschte in meiner Wahrnehmung weithin Fehlanzeige. Die Pandemie einfach als Strafe Gottes zu sehen, greift natürlich zu kurz. Das passt für unseren evangelischen Glauben nicht. Wir feiern den gnädigen Gott. Gott konfrontiert uns mit unserer Schuld, aber er richtet uns nicht durch eine Pandemie.

Gott und die Pandemie

Wir glauben: Gott ist allwissend und allmächtig. Wie steht er zur Pandemie? Ich denke, er lehnt sie ab. Aber er hat den Menschen als freies Wesen geschaffen und lässt ihn über die Schöpfung herrschen – mit allen Folgen. 

Zu sehr haben wir Menschen den Lebensraum von Menschen in den der Tiere vorgeschoben, so dass es zu einer Zoonose kam: Tierische Viren befielen Menschen, und unser Immunsystem war darauf nicht vorbereitet. Die Globalisierung verbreitete die Viren in der ganzen Welt. Diese Pandemie ist Folge unserer Taten!

Die Pandemie offenbart alle Schwächen der modernen Gesellschaft, die Grenzüberschreitung und die Rücksichtslosigkeit. Die Verantwortung dafür liegt bei uns. Aber Gott lässt uns nicht allein.

Das können wir im Leiden Jesu meditieren. In Christus wurde Gott einer von uns. Gott selber leidet, gibt sich hin und wird anschaubar. Gottes Größe zeigt sich nicht im Abstand, sondern in seiner Nähe. Er ist in Freud und Leid mitten unter uns. Damit entspricht er nicht unseren Wünschen nach Unversehrtheit und Gesundheit, eitel Freude und Sonnenschein.  Gott durchkreuzt unsere einfachen Bilder von sich. Er ist im leidenden Jesus am Kreuz und im feiernden Jesus auf der Hochzeit. 

Unser Weg mit Gott bleibt in dieser Spannung. Aber die Liebe Gottes zu uns Menschen ist und bleibt verlässlich. Gott ist nah und fern, in Freude wie Leid, in Hässlichkeit und Schönheit. Gott ist unbegreifbar. Aber seine Liebe umgreift alles, dennoch.

Gott gibt uns Hoffnung! Menschen erfahren im Leid Trost in der Perspektive der Auferstehung. Sie erfahren auch das Wunder einer Genesung angesichts einer überraschenden Rückkehr ins Leben. Corona ist auch eine Chance, Gott besser zu kennen zu lernen. Wenn nicht alles nach Plan läuft, Verwirrung droht, Leid um sich greift, kann Gott ganz neu gefunden und erfahren werden. Er geht in alles ein, entzieht sich nicht.

Wochenaufgabe

In Grenzsituationen werden wir stark herausgefordert, auch unsere eingefahrenen Gottesbilder geraten ins Wanken. Wir dürfen auf eine neue Erfahrung mit Gott hoffen. Wo finden wir Gott in unseren Grenzsituationen?

Wo leiden wir an seiner Ferne, wo wünschen wir uns seine Nähe? 

Heile du mich, Herr, so werde ich heil. Hilf du mir, so ist mir geholfen. Denn Du bist mein Ruhm.

Jeremia 17,14