Zum Leben der Christen gehören von Anfang an Krisen. Der griechische Begriff „Krise“ meint den Höhepunkt eines gefährlichen Konfliktes, der eine Entscheidung notwendig macht. Vom 1. zum 2. Jh. trennt sich das Christentum vom Judentum und wird eine eigene Religion. Immer mehr müssen sich Christen und Juden ihre Unterschiedlichkeit eingestehen.
In der zweiten Krise grenzt sich das Christentum von der Gnosis ab. Diese ging von einem dualen Weltbild aus, in dem sich Geist und Materie gegenüberstehen. Gnosistiker meinen: In Christus habe der Geist die Materie überwunden. Dagegen bejahen die Christen die Welt als gute Schöpfung Gottes. „Erlösung ist für das Christentum Verwandlung, nicht Vernichtung.“ (Lauster 2022: 19)
Zur Lösung der Krisen bilden sich gemeinsame Glaubensregeln heraus, die den Glauben in kurzen Bekenntnissen zusammenfassen. Das Apostolische Glaubensbekenntnis ist bis heute gebräuchlich. Seinen Ursprung hat es in der Taufe: Der erwachsene Täuflinge bekennen, was sie glauben und worauf sie getauft werden wollen.
Parallel dazu wird der Kanon („Maßstab“) der Heiligen Schriften immer klarer: 27 Schriften des Neuen Testaments werden neben denen des Alten Testaments im Gottesdienst gelesen. Die ganze Schriftensammlung bietet den Christinnen und Christen Zugang zur Offenbarung Gottes.
Glaubensregel und Kanon heiliger Schriften begründen christliche Theologie. Diese „Rede von Gott“ will den eigenen Glauben verstehen und plausibel für andere begründen. Aus diesem Bemühen gehen ab dem 4. Jh. die Glaubenssätze der Trinität und Christologie hervor.
Unterm Strich
Die Gewissheit der erlösenden Gegenwart Gottes in ihrer Lebenswelt prägt das Leben der christlichen Gemeinschaften. Zum Gewinn von Dauer braucht es Einrichtungen („Institution“), also ein System von Regeln für die Menschen einer Gemeinschaft. In den Gemeinden gibt es äußere Formen der Ämter: Aufseher, Älteste und Diakone. Die ideellen Formen sind Glaubensregel und Kanon, auf deren Grund christliche Theologie entsteht. Man beschreibt sich als Herde, Leib Christi oder eben als Ekklesia und sieht sich damit als Kontrast zur übrigen Gesellschaft.