311 bricht Kaiser Galerius die Christen-Verfolgungen ab, zu groß die Verluste an Menschen, zu groß der Aufwand. Christen dürfen sich versammeln, sollen aber die öffentliche Ordnung nicht stören und für das Wohlergehen des Kaisers und des Staates vor ihrem Gott eintreten.

Mit Kaiser Konstantin setzt 313 eine umfassende Wende ein: Konstantin gewährt nicht nur Toleranz und fordert die Christen zum Gebet für Kaiser und Weltreich auf. Er gibt den Gemeinden den enteigneten Besitz zurück und fördert die Kirche: Der Sonntag wird Feiertag, die christlichen Amtsträger werden wie Staatsbeamte begünstigt, die Kirche erhält Zuwendungen für ihre Arbeit. Das setzt starke Wachstumskräfte frei.

Nun hat das Christentum Konjunktur, viele ängstliche Interessenten besuchen Gottesdienste, die Verkündigung geschieht nun öffentlich. Die Gemeinden erleben ein starkes Wachstum. Manche schätzen, dass zu Beginn des 4. Jh 10% der Reichsbevölkerung Christen gewesen sind, in manchen Metropolen im Osten sind es sicher mehr, auf dem Lande weniger. Der Glaube an den einen christlichen Gott verbindet die Menschen der Gemeinden zur einen „Kirche“ (von griechisch „kyriakón“ – dem Herrn gehörend).

Schließlich macht Kaiser Theodosius 380 das Christentum zur Staatsreligion, Kaiser Justinian verbietet im 6. Jh die Verehrung anderer Götter, abweichende Glaubensvorstellungen werden verfolgt. Uns erstaunt heute, wie schnell aus Toleranz neu Intoleranz erwächst und die Christinnen und Christen mitmachen. Offenbar können sich die Christen damals nicht vorstellen, die Präsenz Gottes in verschiedenen Ausprägungen von Kirche zu finden.

Unterm Strich

Innerhalb von drei Generationen wird aus einer verfolgten Kirche eine verfolgende Kirche. Es scheint uns unbegreiflich, wie das möglich war. Der Machtgewinn der Kirche stellt eine Herausforderung dar, die die Kirche nicht bewältigt hat. Es hat lange gedauert, bis die Kirche lernte, mit Vielfalt umzugehen.

Andererseits bot die neue Verbindung zwischen Staat und Kirche auch neue Möglichkeiten. Überall konnten Kirchen entstehen, überall konnte die gute Botschaft verkündigt werden. Überall enden Gladiatorenspiele, endet die Versklavung von Menschen und das Aussetzen von Kindern. Überall sorgen sich Gemeinden für Arme, Waisen, Witwen, Kranke und Entführte. Als Räuberbanden die Grenzen überschreiten, Städte plündern und Menschen in die Skalverei entführen, sind es christliche Gemeinden, die die Entführten freikaufen. Der Staat hat dafür keine Mittel eingesetzt.