Die Römer waren überzeugt, dass der Aufstieg ihrer Stadt zu einem Weltreich ihrer eigenen Frömmigkeit (pietas) zu verdanken ist: Weil die Römer zuverlässig für den Kult der Götter Sorge tragen, meinen die Götter es gut mit den Römern, denn Wohlergehen und Religion (Kult) hängen zusammen.
Die Christen verweigern die Teilnahme am Kult für den Staat, weil sie andere Götter ablehnen. Deshalb gelten sie als Aufrührer und Verbrecher. Sie integrieren sich nicht in die traditionelle Weltordnung, erscheinen als „revolutionäre Zellen“ und werden für allerhand Strafen der Götter verantwortlich gemacht.
Der christliche Schriftsteller Tertullian schreibt 197 in seiner Apologie (Verteidigungsschrift): „Wenn der Tiber über die Ufer tritt, wenn der Nil nicht über die Ufer tritt, wenn irgend ein Unglück geschieht, so heißt es: Die Christen vor die Löwen!“ Die Christen erscheinen als die Schuldigen – weil sie die traditionellen Götter nicht ehren und verärgern. Der Römer Tacitus wirft den Christen deshalb einen „allgemeinen Menschenhass“ vor, sein Kollege Sueton spricht von ihrem „gemeingefährlichen Aberglauben“.
Seit Nero (64) kommt es immer wieder zu lokalen Verfolgungen: Enteignungen, Verhaftungen, Folter und Hinrichtungen. Im 3. und 4. Jahrhundert erlebt das Weltreich ernste Krisenerscheinungen: Seuchen, Grenzkonflikte, Missernten, sinkende Steuereinnahmen, meuternde Truppen. Daher versuchen Kaiser wie Decius oder Diocletian noch einmal alle Reichsbewohner zum Staatskult zu zwingen: Alle sollen vor einer Kommission opfern. Viele Christinnen und Christen verweigern sich und nehmen das Martyrium in Kauf. In der Logik der Nichtchristen sind die Christen gefährlich, denn sie untergraben die Autorität des Staates und gefährden das Wohl der Gesellschaft, weil sie die Götter reizen. Wie soll man mit solchen Menschen umgehen?
Unterm Strich
Lange Zeit bleiben sich antike religiöse Weltanschauung und christliche Theologie fremd. Christen integrieren sich nicht und ernten dadurch aggressives Verhalten von Bevölkerung und Staat: Ständig drohen Verfolgungen. Die Christen widerstehen der Versuchung, der Gesellschaft mit Gegengewalt zu begegnen. Sie werben für ihre Religion durch Verkündigung: Sie werben für ihren Gott, dem alle alles verdanken. Christliche Publizisten knüpfen an der vorhandenen Götterkritik an, manche inszenieren sich als „moderne Philosophie“.
Christen wirken durch Taten der Liebe. Sie beten für die anderen, überzeugen durch ihr Leben von ihren guten Absichten. Immer mehr Menschen werden so vom christlichen Leben (Nächstenliebe, Sorge für Alte und Kranke) innerlich gewonnen.