Neben Werten wie Freiheit, Gerechtigkeit oder Gesundheit sind für unsere Identität auch Normen wichtig, die für uns Bedeutung haben. Unter Normen versteht man in diesem Zusammenhang konkrete Vorschriften, wie man handeln soll: Du sollst nicht töten! Du sollst Leben fördern! Du sollst die Umwelt nicht zerstören.

Die erste Norm leuchtet den meisten ein, denn wenn wir das Töten von Menschen verbieten, schützen wir uns selber. Aber natürlich kann man fragen: Verdient nicht alles Leben diesen Schutz? Gilt das nicht auch für Tiere? Und noch weiter gefragt – gilt das nicht auch für Pflanzen? Was für den einen „ganz klar“ ist, ist für die andere „überhaupt nicht einleuchtend“. Hier sind wir schon mitten im Thema.

Wenn wir über „unsere“ Normen nachdenken, geht es wieder um unsere Vorstellung der Welt. Sind wir die Herren, dann sind der Rest „Materiallager“ oder „Unterstützungskräfte“. Der Mensch steht in der Mitte, der Rest ist Umwelt.

Aber so einfach ist dieses Bild heute nicht mehr aufrecht zu erhalten. Von vielen Seiten erhebt sich Widerstand. Was für uns heute modern ist, forderte nach dem 1. Weltkrieg bereits Albert Schweitzer: Ehrfurcht vor dem Leben! In seinem Urwaldkrankenhaus sollten selbst die Ameisen mit Respekt behandelt werden. „Ich bin Leben, was Leben will, inmitten von Leben, das leben will!“

Die Corona-Krise hat uns immer wieder vor Augen geführt, wie Normen und Regeln für das Überleben gefunden werden: Als die Übertragungswege klar wurden, sollten sich Menschen in geschlossenen Räumen möglichst nur mit Masken begegnen. Gut gelüftet sollte werden, die Distanz sollte wenigstens 1,5m betragen. In Geschäften war das nicht leicht aufrecht zu erhalten!

Mit dem Rückgang der Inzidenzen nahm die Bereitschaft, sich an die Regeln zu halten, spürbar ab. Die Politiker wollten keine strengen Reglementierungen mehr, sie fürchteten Abwanderung von Wählern. Nur die Normen gelten, die politisch durchsetzbar sind. Protest war die „Bundes-Notbremse“: Während alle Ministerpräsident*innen im Bundesrat für das Gesetz stimmten, distanzierten sch eine Reihe sofort im Anschluss von diesem Gesetz.

Heute gelten keine Normen mehr „einfach so“. Heute muss begründet werden, denn das höchste Gut ist für viele die Freiheit. Dazu gehört auch das Recht, sich zu treffen und zu versammeln. Für was gebe ich meine Freiheit auf?

Das Leben von Schweitzer ist daher sehr interessant. Nächste Woche bringe ich noch einmal einen Blogbeitrag über ihn heraus.