Betrachten wir die Zeitverwendung Jesu, so fällt auf, dass er sein Leben nicht in Muße verbringt (wie es gebildete Griechen zu seiner Zeit täten). Jesus arbeitet: Er verkündet das Evangelium und heilt Menschen. Immer wieder bedrängt ihn das Volk, folgt ihm nach und fragt nach seiner Hilfe (Mk 1,14ff.). Jesus hat alle Hände voll zu tun! Damit nimmt er den Auftrag Gottes an die Menschen ernst (Gen 1,28). Im Zentrum seines Lebens steht der Dienst an den Menschen.
Aber er lässt sich davon in keinen Zeitdruck bringen, immer wieder entzieht er sich der Menge, ruht und zieht sich betend in die Einsamkeit zurück (z.B. Mk 1,35; 4,28; vgl. Ps 1,63; 63; 119). Manchmal nimmt er seine Jünger mit, manchmal geht er allein in die Stille. Die Zeit zum Beten und für Gott gehören regelmäßig zu seinem Leben dazu.
Schließlich finden wir ihn aber auch immer wieder auf Festen. Wie schon das AT Gott als den zeigt, der für alle Völker ein großes Festmahl bereitet (Jes 25,6-8), so nimmt Jesus dieses als Bild in Gleichnissen auf: Gott lädt uns ein zu seinem Fest (Lk 14,15-24). Wir finden Jesus immer wieder auf Festen (Mk 2,15; 6,35-44; 14,3.12-25; vgl. Jh 2,1-13). Das bringt ihm den Ruf ein, ein „Fresser und Weinsäufer“ (Lk 7,34) zu sein.
Arbeit, Stille und Fest bilden also einen Lebensrhythmus ab, in dem Jesus sein Menschsein entfaltet. In diesem Dreiklang findet erfülltes Leben statt. Viel Zeit verwenden wir auf die Arbeit, um damit unseren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Die Arbeit hat aber kein letztes Ziel. Sie steht in der Gefahr, maßlos alle Zeit zu fordern, deshalb müssen wir Kontrapunkte setzen. Dazu kann im Verlauf der Woche der Sonntag als Feiertag helfen, als geschenkte Zeit zum Innehalten und Ausruhen, zum Beten und Hören auf Gott.
Zeiten der Stille mag jede und jeder nach eigenem Maß regeln. Erfahrungen der Gemeinschaft im Gottesdienst und bei Feiern sind uns aufgegeben, um die Arbeit und unsere Selbstbezogenheit zu durchbrechen. Wir sind nicht allein auf der Welt – und das ist gut für uns und für alle anderen. Nach Ephemeren 5, 18ff. können wir uns vom Heiligen Geist erfüllen lassen, indem wir Psalmen beten, miteinander Loblieder singen, Gott für alles danken und uns einander unterordnen in der Furcht Christi. Regelmäßig soll das fröhliche Feiern die Arbeit unterbrechen, das Leben soll gefeiert und genossen werden.
Deshalb haben sich die großen christlichen Feste gebildet: Weihnachten als Christfest, Ostern als Auferstehungsfest, Pfingsten als Fest der Geistesgegenwart und schließlich Trinitatis als Fest der Offenbarung des dreieinigen Gottes.
Tatsächlich wissen wir nicht, wie Jesus seine 24 Stunden verbracht hat. Als Historiker und Theologe weisst Du doch, dass die Synoptiker keine Biographie Jesu sind, sondern Glaubensbekenntnisse: Komprimiert auf das Christuszeugnis hin. Hieraus Jesus eine neuzeitliche, von Calvin geprägte, Arbeitsethik anzudichten, halte ich für falsch. Immerhin gibt es doch eine Bibelstelle wie Mt 6:
Von unnützen Sorgen
25 Darum sage ich euch: Sorget euch nicht um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt. Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung? (Lukas 12.22) (Philipper 4.6) (1. Petrus 5.7) 26 Sehet die Vögel des Himmels an! Sie säen nicht und ernten nicht, sie sammeln auch nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? (Matthäus 10.29-31) (Lukas 12.6-7) 27 Wer aber von euch kann durch sein Sorgen zu seiner Länge eine einzige Elle hinzusetzen? 28 Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Betrachtet die Lilien des Feldes, wie sie wachsen. Sie arbeiten nicht und spinnen nicht; 29 ich sage euch aber, daß auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie deren eine. (1. Könige 10.1) 30 Wenn nun Gott das Gras des Feldes, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, also kleidet, wird er das nicht viel mehr euch tun, ihr Kleingläubigen? 31 Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen, oder was werden wir trinken, oder womit werden wir uns kleiden? 32 Denn nach allen diesen Dingen trachten die Heiden; aber euer himmlischer Vater weiß, daß ihr das alles bedürft. 33 Trachtet aber zuerst nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles hinzugelegt werden. (1. Könige 3.13-14) (Psalm 37.4) (Psalm 37.25) (Römer 14.17) 34 Darum sollt ihr euch nicht sorgen um den andern Morgen; denn der morgende Tag wird für das Seine sorgen. Jedem Tage genügt seine eigene Plage! (2. Mose 16.19)
Viele Grüße, Volker
Hallo Volker, ich bin ja kein Theologe, sondern Historiker und Pädagoge… Danke für Deinen anregenden Kommentar. Ob das so von Calvin kommt? Mir ging es ja darum, Mut zur Auszeit und zum Feiern zu machen. Das scheint mir ja eine alte jüdische Tradition (Feiertag!) zu sein.