Dieses Buch der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft von Lothar Machtan hat mich interessiert: Kaisersturz! Das deutsche Kaiserreich inszenierte sich als autoritäres Regime, und das war es ja auch. Aber war der Kaiser das Oberhaupt? Nach Lektüre dieses Buches verstärkt sich doch der Eindruck: Nicht der Kaiser, sondern militaristische Eliten hatten die tatsächliche Macht und hielten sie so lange fest, wie es ihnen irgend möglich war. Am Ende hatte dieser kriminelle Zirkel die Ressourcen verbraucht, Deutschland stand an einem Abgrund. 

Der Versailler Vertrag war dann die Quittung für eine Kriegführung, die kein Erbarmen kannte und alle Grenzen überschritt (Giftgaseinsatz, uneingeschränkter U-Boot-Krieg, Besetzung des neutralen Belgien). Was für ein Irrsinn!

Und am Ende knickten die Militärs ein, ließen ihren obersten Kriegsherren fallen und schoben ihn ins Exil in die Niederlande ab. Für ihr Versagen übernahmen sie keine Verantwortung. Was für eine Schande! Immerhin stimmten sie einem Waffenstillstand zu und vermieden so eine Besetzung des eigenen Landes. Vielleicht wäre das aber auch besser gewesen… 

Die Demokraten sollten es dann richten. Die vielgeschmähten Sozialdemokraten sollten die Regierungsverantwortung übernehmen und damit die Verantwortung für einen Krieg, den sie durch ihre Zustimmung zu Kriegskrediten ermöglicht hatten, den aber andere führten. Die eigentlichen Treiber eines Umbruchs waren aber damals die Unabhängigen Sozialdemokraten mit Liebknecht und Luxemburg. Sie eroberten die Straße und bildeten nach russischem Vorbild Arbeiter- und Soldatenräte. Im letzten Augenblick schwenkten die SPD-Vorsitzenden Ebert und Scheidemann (zwei Vorsitzende!) um und distanzierten sich von der Monarchie…

Der Kaiser erhielt sich bis zuletzt die Illusion, dass er etwas zu sagen hätte. Aber das war im Krieg immer weniger der Fall. Seine Umgebung sprach ihm immer wieder Mut zu und versuchte ihn davon abzuhalten, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Wie armselig. 

Viel lernen für heute können wir nicht. Nach der Lektüre ist man wieder einmal dafür dankbar, dass man in eine Demokratie hineingeboren ist. Wir Bürger haben alle vier Jahre die Wahl – und wir können sie nutzen, um eine Regierung abzuwählen, wenn sie unsere Erwartung nicht erfüllt hat. Wir müssen es uns nicht gefallen lassen, wenn die Regierung ihre Hausaufgaben nicht macht oder die Zahl der Pandemie-Gewinner in einigen Parteien zu hoch ist.