Mit der Reformation lösen sich Klöster auf, die wichtigsten Schulträger ihrer Zeit. Die Folge ist katastrophal. Die Reformatoren müssen gegensteuern.

Den Bürgermeistern hält Luther 1524 vor, zu den wichtigen politischen Aufgaben der Städte zähle nicht nur Straßenbau und Gewässerschutz, sondern auch das Schulwesen samt der Unterhaltung des entsprechenden Lehrpersonals. Der Gesellschaft könne die Erziehung und Ausbildung der Kinder nicht gleichgültig sein, denn schließlich sichert eine gute Bildung auch die städtische Zukunft, insbesondere für den Rat und im Bürgermeisteramt (Bürgermeister 1524). 

Untypisch für seine Zeit möchte der Reformator Schulen für Jungen und Mädchen, denn in allen Schichten und Berufen bedürfe es „feiner, geschickter Männer und Frauen“ (Bürgermeister 1524). Sogar eine allgemeine Schulpflicht nimmt der Reformator in den Blick, denn der Staat müsse dafür sorgen, dass es Bildungsberufe wie Pfarrer, Juristen, Schreiber, Ärzte und Lehrer auch zukünftig gebe. 

Ohne Theologen schwinde Gottes Wort, ohne Juristen schwinde das Recht und der Frieden, dann bliebe nur Mord, Raub und Gewalt (Predigt 1530).

Die traditionellen Methoden der Schulen kritisiert Luther im Hinblick auf seine eigenen Erinnerungen an seine Schulzeit, durch das „Stäupen, Zittern, Angst und Jammer“ habe man nichts gelernt (Bürgermeister 1524). Nur die „allergeschicktesten“ Lehrer sollten angestellt werden. 

Der Reformator weiß, dass „Kinder mit Lust und Spiel lernen“ und hat nicht mehr die traditionelle Schulen im Sinn, die er einst selber besucht hat, „da wir innen gemartert sind“ über grammatische Spitzfindigkeiten, „da wir doch nichts denn eitel nichts gelernt haben durch so viel Stäupen, Zittern, Angst und Jammer.“ (Bürgermeister 1524).

Schrittweise sollen die Kinder zunächst Lesen lernen, dann schreiben und schließlich die lateinische Grammatik kennenlernen (Unterricht 1538). Die Begabtesten sollen schließlich die Klassiker von Ovid und Cicero lesen. Durch den Unterricht in Sprachen und Geschichte böte die Schule den Kindern die komplexen Aspekte der Wirklichkeit, aus der sie für ihre eigene Zukunft schöpfen können. Auch Musik und Mathematik sowie Poetik seien wichtige Inhalte (Bürgermeister 1524).

Die Ausführungen wirken modern, könnten man sich doch auch entsprechende Lernarrangements vorstellen, an denen Menschen nach modernem Verständnis am besten lernen.

In den weiterführenden Schulen solle Latein, Griechisch und Hebräisch sowie eine breite Bildung vorgehalten werden (Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie vgl. Bürgermeister 1524). Für das Verstehen der Bibel sei dies so unerlässlich wie für das „weltlich Regiment“. Das Latein spielt darüber hinaus als international damals verständliche Sprache die zentrale Rolle.

Früher haben die Kinder nur schlechtes Latein gelernt, heute könnten sie gutes und flüssiges Latein lernen. Die Frage der Kommunikation mit anderen Menschen führt Luther auch in seinen Schriften zur Neuordnung des Gottesdienstes 1526 aus: Auch weiterhin sollte es Gottesdienste in lateinischer Sprache geben. „Denn ich wollte gerne solche Jugend und Leute aufziehen, die auch in fremden Landen könnten Christo nütze sein und mit den Leuten reden“ (Deutsche Messe 1526). In Gottesdiensten in lateinischer Sprache soll diese Sprachfähigkeit geübt werden. Wir fühlen uns vielleicht an Gottesdienste in englischer Sprache erinnert…

In der Schule werde sich bald herausstellen, wer sich als „Lehrer und Lehrerinnen“, zu Predigern und anderen Ämtern eigne. Diese sollten entsprechend länger zur Schule angehalten werden, um weltliche und geistliche Berufe zu erhalten.

Nicht alle müssten freilich eine Hochschulkarriere anstreben und daher umfassend gebildet werden, es müsse auch „gemeine Pfarrherrn haben, die das Evangelium und den Katechismus treiben im jungen und groben Volk“ (Predigt 1530). 

Benutzte Schriften Luthers

An die Bürgermeister und Ratsherren aller Städte in deutschen Landen, dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524

Deutsche Messe und Ordnung des Gottesdienstes 1526

Der kleine Katechismus für die gemeinen Pfarrherrn und Prediger 

Eine Predigt, dass man die Kinder zur Schule halten solle. 1530