Manchmal nimmt man ein Problem oder ein Defizit wahr, dass man mit dem vorhandenen Wissen nicht lösen kann. Die Weltanschauung scheint nicht zu passen. So mag es Kopernikus ergangen sein, als er das herrschende heliozentrische Weltbild als überholt und unzureichend wahrnahm, weil viele Wahrnehmungen der Astronomen immer mehr Ausnahmen erforderten, um sie zu erklären. Plötzlich geht dann das berühmte Licht auf, alle unerklärlichen und unpassenden Abweichungen passen plötzlich in ein neues Bild. Jemand bekommt einen Durchblick, wie etwas wirklich ist oder sein kann. Daran schließt sich eine Prüfungszeit an, in der die neue Sicht wieder und wieder überprüft wird. Dann erkennt man, wie eine neue Konzeption aussehen könnte.

Immer wieder berichten Menschen, dass sich eine Erkenntnis plötzlich einstellt. Dieter Henrich vergleicht diese Plötzlichkeit mit dem Phänomen von Suchbildern, in denen die versteckte Figur nicht nach und nach auftaucht, sondern plötzlich gefunden wird. Viele Forscher, Philosophen und Gottsucher berichten von dieser besonderen Situation, als ihnen mit einem Mal die Lösung eines Problems vor Augen steht.

Eine berühmte illustrierende Geschichte dazu wird von Archimedes erzählt, der intensiv an einem mathematischen Problem forscht und plötzlich im öffentlichen Bad den Durchblick gewinnt. Er ruft „Heureka!“ und läuft nackt nach Hause. Nicht jede plötzliche Erkenntnis lässt einen alles andere vergessen und nackt dastehen, aber die Plötzlichkeit einer Entdeckung begegnet einem doch immer wieder. Solche Aha-Erlebnisse werden nicht selten mit Ereignissen verbunden, nach denen etwas ganz neu erscheint. 

Augustinus berichtet von einer Stimme im Nachbargarten, die immer wiederholt „Nimm und lies!“ Dann greift Augustinus zur Bibel und in diesem Moment verändert sich sein Leben. August Hermann Francke arbeitet an einer Predigt und ihm wird die Existenz Gottes während seiner Vorbereitung völlig fragwürdig. Sein Glaube scheint ihm überhaupt nicht gegründet, die Existenz Gottes scheint ihm völlig ungewiss. Da fällt er auf die Knie und bittet Gott, sich zu zeigen. Und plötzlich, gleichsam im Handumdrehen verschwindet der Zweifel und er wird sich der Existenz Gottes plötzlich in einem Augenblick bewusst! Er erlebt einen Aufschlussmoment!

Solche außerordentlichen Erfahrungen finden wir in verschiedenen Religionen. Im jüdisch-christlichen Kontext kennen wir die Geschichte vom brennenden Dornbusch am Sinai, als Mose seine Berufung durch Jahwe erfährt. Die Gemeinde in Jerusalem macht zu Pfingsten eine Geist- und Spracherfahrung, die vor der Umwelt nicht verborgen bleibt und nach einer Deutung verlangt. Petrus hält eine Ansprache und 3.000 Menschen schließen sich der Jesusbewegung an. Der Christenverfolger Saulus wird vor Damaskus zum Paulus, als er dem auferstandenen Christus begegnet.

Mit solchen religiösen Erfahrungsvollzügen vergleicht Henrich philosophische Evidenzaufschlüsse. Die Worte Offenbarung, Berufung, Erleuchtung weisen seiner Überzeugung nach darauf hin, dass solche Erfahrungen in einem Moment eintreten, dass nicht nur ein vorhandenes Problem gelöst wird, sondern  die „Gesamtverfassung des Bewusstseins“ verändert wird. Ein solches Erlebnis ist nicht wiederholbar, kann nicht reproduziert werden und erscheint für die persönliche Zukunft verbindlich.

Manchmal geht es einem auch in einem besonderen pädagogischen Moment so: Man erkennt erstmals einen besonderen mathematischen Zusammenhang oder durchschaut eine grammatische Struktur. Dafür hat Friedrich Copei 1930 den Begriff „fruchtbarer Moment im Bildungsprozess“ gebraucht. Meist sollen sie für das Erlernen des Elementaren von Schülerinnen und Schülern erfahren werden.

Dazu hat Martin Wagenschein das „Prinzip des exemplarischen Lernens“entwickelt, forderte den „Mut zur Lücke“. Wolfgang Klafki sprach 1957 in seiner Dissertation von der kategorialen Bildung, wozu für ihn die Begriffe exemplarisch, fundamental und elementar zählen. Dazu passt auch die von Christoph Berg in den 1990er Jahre vorgestellte „Lehrkunstdidaktik“: Große Themen der Menschheit werden im Unterricht als Lehrstücke in Szene gesetzt. 

Diese fruchtbaren Momente sind nicht nur in der Schule, sie sind auch für das weite pädagogische Feld wünschenswert: In der Kita, in der Erziehungshilfe, in der offenen Jugendarbeit. Aber diese Momente können freilich nicht beliebig erzeugt werden, sondern es geht bei Offenbarung, Berufung und Erleuchtung ja um Grundlegenderes oder besser Einmaliges. Das sprengt den Rahmen von Schule oder Kindertagesstätte.

Auf solche einzigartigen Erfahrungen von Bekehrung oder Berufung folgt eine veränderte Handlungsweise und eine neue Wahrnehmung des Lebens überhaupt. Für Francke wird seine „Bekehrung“ zum Dreh- und Angelpunkt seines Lebens und Denkens. Für Luther bestimmt die Entdeckung der Gerechtigkeit Gottes aus Gnade durch den Glauben sein ganzes weiteres Leben und Schaffen. Niemals stellt der Reformator seine Entdeckung in Frage, niemals versucht er darüber hinaus zu gelangen. Seine theologische Entdeckung ist nicht nur eine Folge einer gedanklichen Auseinandersetzung, sondern hier erhält sein ganzes Leben eine neue Orientierung. Eine ganz neue Lebensperspektive öffnet sich. 

Solche Aufschlussmomente unterscheiden sich von bloßen Aha-Erlebnissen, in denen ein Problem (wie bei Archimedes) gelöst wird, denn die ganze Weltanschauung wird durch die neue Erkenntnis eine andere.